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Wie Aperol zur Weltmarke wurde
Mit einer klugen Strategie vom italienischen Geheimtipp zum beliebtesten Sommergetränk.
Executive Summary
Aperol wird 1919 im italienischen Padua erfunden. Um die Jahrtausendwende wird der Likör nur in Norditalien getrunken – heute bekommt man selbst auf jedem Feuerwehrfest im entlegensten Dorf Aperol Spritz serviert.
Aperol ist nämlich einer der beliebtesten Sommerdrinks. Und das ist kein Zufall: mit einer klugen Strategie wurde aus einem italienischen Geheimtipp eine Weltmarke.
Bild: Unsplash.
Wie man in 3 Schritten eine Weltmarke baut
1. Schritt: Einem alten Produkt ein neues Gewand verpassen.
Im Jahr 2003 wird Aperol vom Campari-Konzern übernommen. Damals ist Aperol bereits in Venedig, Treviso und Padua als Aperitivo beliebt, doch der Campari-Konzern hat mit dem fruchtig-bitteren Likör Größeres vor.
Mit einigen wichtigen strategischen Änderungen soll aus Aperol in den nächsten Jahren das neue It-Getränk in Zentraleuropa werden. Aperol wird neu positioniert:
One Drink Strategy: Aperol kann grundsätzlich in verschiedenen Kombinationen gemischt werden (zB als Aperol Spritz, Sour oder Soda). Das größte Potenzial jedoch bietet der sommerliche Aperol Spritz – darauf wird der volle Fokus gelegt. Aperol Sour oder Aperol Soda werden nicht mehr beworben.
Höherer Preis: Campari erhöht den Preis für Aperol, um ihn als exklusiveres Getränk zu positionieren.
Neue Gläser: Aperol Spritz soll nur noch in großen, bauchigen Weingläsern, nicht in schmalen Longdrinkgläsern serviert werden. Solche Weingläser sind in so ziemlich jeder Bar oder jedem Restaurant bereits vorhanden. Und zusätzlich wird die strahlend-orangene Farbe des Drinks in großen Weingläsern noch viel besser sichtbar.
Bild: Aperol_Spritz auf Twitter.
2. Schritt: In kleinen Etappen gezielt Europa erobern.
Doch die neue Positionierung allein reicht nicht aus, damit Aperol plötzlich überall getrunken wird. Campari steckt über die nächsten Jahre Stadt für Stadt schrittweise mit dem Aperol-Fieber an.
Begonnen wird in einzelnen Bars in beliebten Ausgehvierteln: Campari schickt seine Experten vorbei, damit die dortigen Barkeeper in Schulungen den perfekten Aperol-Spritz lernen können.
Der Aufstieg von Instagram unterstützt Campari bei der Expansion: der fotogene Drink wird gern geteilt, wie Sonnenschein im Glas versprüht er Italo-Vibes und Sommer-Feeling. Es ist wohl kein Zufall, dass auf der Flaschenrückseite sogar abgedruckt ist, wie man die perfekte Farbe eines Aperol Spritz hinbekommt.
Allmählich greift der Aperol-Hype auf die umliegenden Bars um, kurze Zeit später sind bereits einzelne Stadtviertel und bald darauf ganze Städte und Regionen aperolisiert. Und so wird Aperol in den folgenden Jahren schrittweise nach ganz Europa gebracht.
Bild: Unsplash.
3. Schritt: Die Zielgruppe erweitern.
Irgendwann bemerken Marktforscher der Campari-Gruppe, dass zwei Drittel der Konsument·innen am liebsten auf Bier, und nicht auf Wein oder Sekt zurückgreifen, wenn irgendwo kein Aperol angeboten wird.
Die überraschende Erkenntnis also: Aperol wird als Alternative zu Bier getrunken. Und Bier trinken insbesondere auch Männer gern. Aperol beginnt daher, den Drink bei der männlichen Zielgruppe zu forcieren: Aperol wird 2010 Werbepartner bei der Motorradrennserie MotoGP und 2014 dann exklusiver Spirituosenpartner von Manchester United.
In diesem Video erklärt Wayne Rooney, wie man den perfekten Aperol Spritz mixt (Link).
Screenshot: Aperol Spritz auf Youtube.
Heute beschert Aperol der Campari-Gruppe über 700 Millionen Euro Umsatz (rund ein Viertel des Konzernumsatzes) und ist damit mit Abstand die größte Marke im ganzen Campari-Universum.
Und der Aufstieg des It-Getränks scheint noch lange nicht zu Ende: allein 2023 sind die Umsätze mit Aperol weltweit um über 20% gestiegen. Der neue Wachstumsmarkt: die USA.
Umsätze Aperol vs. Campari (Drink). Screenshot Sherwood News/Chartr.
Tiefer eintauchen: 3 empfehlenswerte Quellen für noch mehr Insights:
How Aperol became the "it" drink of the summer season: Sherwood News
Der unaufhaltsame Aufstieg von Aperol: "Was kostet die Welt?" auf Youtube.
Mit Aperol zur Weltherrschaft: Süddeutsche Zeitung