WD-40: Vom Weltraum in den Werkzeugkasten.

Ursprünglich als Rostschutz für die Raumfahrtindustrie entwickelt, ist WD-40 heute als Allzweckmittel aus dem täglichen Gebrauch in Werkstätten und Garagen nicht mehr wegzudenken. 

Wie aus dem "Schweizer Taschenmesser in Sprayform" ein Milliardenunternehmen wurde:

Durchhalten zahlt sich aus

In den 1940er und 1950ern siedeln sich rund um das kalifornische San Diego immer mehr Unternehmen aus der boomenden Raumfahrtindustrie an. Doch der Pazifik vor der Haustür sorgt für feuchte Luft in Küstennähe – die Fabriken müssen sich häufig mit rostenden Raketenteilen herumschlagen. 

1953 wollen Norman Lawson und seine Freunde mit ihrer Rocket Chemical Company eine Lösung dafür entwickeln: ein Mittel zur Wasserverdrängung, um damit behandelte Metallteile vor Korrosion zu schützen.

Die ersten Versuche scheitern kläglich. Selbst nach 10, 20, sogar 39 Versuchen stellt sich kein Erfolg ein. Doch Lawson gibt nicht auf und versucht es noch einmal: seine 40. Rezeptur bringt endlich die gewünschten Ergebnisse. 

Wie soll er nun seine bahnbrechende Erfindung benennen? Norman Lawson verschwendet daran keinen Gedanken und notiert einfach "WD-40": Water Displacement – Formula 40.

Bild: WD-40 Brand auf Twitter.

Product-Market-Fit durch Diebstahl

In den folgenden Jahren verkauft die Rocket Chemical Company WD-40 erfolgreich an die Raumfahrtindustrie. Einer der bekanntesten Kunden ist Convair, die damit ihre Atlas-Trägerraketen vor Korrosion schützen.

Das Raketenkriechöl WD-40 funktioniert so gut, dass Mitarbeiter es heimlich mit nach Hause nehmen und für den Gebrauch im Haushalt zweckentfremden.  

Das bringt Norman B. Larsen (nicht verwandt mit dem Erfinder Norman Lawson), den neuen CEO der Rocket Chemical Company, auf eine Idee: wenn die Mitarbeiter heimlich unser Produkt stehlen, ist das der beste Beweis, dass WD-40 auch im Einzelhandel funktionieren muss.

Larsen lässt WD-40 in kleine Aerosol-Sprühdosen füllen und beginnt 1958, das Produkt im Einzelhandel zu verkaufen.

Bild: Unternehmenswebsite.

1961 erlangt WD-40 landesweit Bekanntheit: Hurrikan Carla zieht eine Spur der Verwüstung über die Golfküste der USA. Das Unternehmen schickt Truckladungen voller Dosen in die betroffenen Gebiete, damit das Wundermittel die von Regen und Flut beschädigten Fahrzeuge und Bauteile wieder startklar macht.

Auch die Soldaten im Vietnamkrieg bekommen eine Dose WD-40 zum Waffenputzen mit auf den Weg.

Aber wieso ist WD-40 immer noch so erfolgreich?

1970 wird die Rocket Chemical Company schließlich nach ihrem Blockbuster-Produkt in "WD-40 Company" umbenannt, 1973 geht das Unternehmen an die Börse.

Der große Vorteil von WD-40: es kann einfach für unheimlich viele Dinge verwendet werden.

  • Quietschende Scharniere zum Verstummen bringen.

  • Metallgeräte vor Rost schützen.

  • Bewegliche Bauteile schmieren. Alles, was sich nicht bewegt, aber eigentlich bewegen sollte, kann mit WD-40 wieder repariert werden.

Doch der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt: 

  • Es lassen sich damit die Messer vom Rasenmäher einsprühen, damit Gras nicht kleben bleibt. 

  • Verzweifelte Eltern können damit festsitzende Legosteine auseinanderbringen.

  • Ein asiatischer Busfahrer hat mit WD-40 sogar eine Python entfernt, die sich um das Fahrgestell gewickelt hat.

  • Polizisten haben mit WD-40 sogar einmal einen nackten Einbrecher befreit, der im Lüftungsschacht einer Klimaanlage gefangen war.

Bild: WD-40 Brand auf Twitter.

Geheimhaltung als Wettbewerbsvorteil

Die genauen Bestandteile der Rezeptur von WD-40 sind streng geheim und nur auf einem Zettel niedergeschrieben, der sicher in einem Bankschließfach in San Diego verwahrt liegt. 

WD-40 hat nie ein Patent für die Formel angemeldet, um sie weiterhin geheim halten zu können. Diese Geheimhaltung wird zum großen Wettbewerbsvorteil, denn kaum eine Konkurrenzlösung kann WD-40 das Wasser reichen.

Bild: WD-40 Brand auf Twitter.

Wie will WD-40 weiter wachsen?

Doch irgendwann hat fast jeder Heimwerker bereits eine Dose WD-40 in der Werkstatt herumstehen. Wie soll das Unternehmen da weiter Wachstumspotenziale heben?

WD-40 entscheidet sich vor einigen Jahren zur Premiumstrategie: die Sprühdosen werden mit dem "Smart Straw" versehen, mit dem WD-40 auf zwei verschiedene Arten versprüht werden kann (in einem Sprühnebel oder in einem Präzisionsstrahl).

Bild: Unternehmenswebsite.

Damit soll eine WD-40-Dose noch praktikabler sein – und kostet auch gleich deutlich mehr als die Standarddose. 

Und das geht ziemlich gut auf: 2023 setzt die WD-40 Company über 500 Millionen Dollar um, wovon 200 Millionen allein aus den Premiumdosenverkauf stammen. An der Börse wird die WD-40-Company aktuell mit 3,6 Milliarden Dollar bewertet.

Die schöne Erfolgsgeschichte von WD-40 zeigt also, wie ein scheinbar unscheinbares Haushaltsprodukt jahrzehntelang die ganze Welt erobern kann.